Salzburg ORF.at
MI | 11.04.2012
"Der Himmel über Berlin". Bild: salzburger-landestheater.at
KULTUR
"Der Himmel über Berlin" im Landestheater
Den weltbekannten Filmstoff von Wim Wenders und Peter Handke aus "Der Himmel über Berlin" bringt nun das Landestheater auf die Bühne - ergänzt mit Geschichten aus Salzburgs Alltag.
Flügel der Sehnsucht mit Lokalkolorit
Angstschweiß hin und eitrige Angina her - das Schmecken von Wasser, freihändiges Radfahren, mit Appetit in eine Leberkäsesemmel beißen und Barfußgehen wiegen schwerer. Zumindest für den Schutzengel Damiel. Der ist zwar unsterblich und steht vor allem Kindern und Verrückten seit Beginn der Zeit zur Seite.

Aber eines Tages stürzt er sich ins Leben und die Vergänglichkeit. Weil er spüren, riechen und schmecken will und nicht bloß denken.

Wim Wenders und Peter Handke haben 1987 den Film "Himmel über Berlin" produziert, und das Salzburger Landestheater hat den Stoff über die Engel des Alltages mit ihren Flügeln der Sehnsucht erstmals auf eine deutschsprachige Bühne gebracht.

Freitag war die überaus erfolgreiche Premiere dieser mit viel Lokalkolorit substanziell angereicherten Filmadaption.
150 Alltagsgeschichten gesammelt
Intendant und Regisseur Carl Philip von Maldeghem hat im vergangenen Frühjahr ein Büro namens "Der Himmel über Salzburg" eingerichtet.

Dort wurden insgesamt 150 Alltagsgeschichten aus Salzburg gesammelt. Kurze Gespräche, ungewöhnliche Szenen, selbst Erlebtes oder nur Beobachtetes, kleine Episoden, Typisches für die Stadt und ihre Bewohner.

Danach haben Maldeghem und seine Dramaturgin Bettina Oberender diese Salzburger Geschichtchen ein bisschen in Form gebracht und in den Text von Handke und Wenders integriert. Und damit ganz nahe ans Theaterpublikum herangetragen.
Ein Drittel der Texte aus Salzburg
Rund ein Drittel der Texte stammen also von Salzburgern. Die Szene des Priesters etwa, der sich bekreuzigt, weil er versehentlich mit einem Mädchen zusammenstößt. Der Demut und Wohltätigkeit predigt und zugleich einen Bettler von der Polizei entfernen lässt.

Oder die spießigen Loden-Salzburger und die poppigen Partygören, die kleinlichen Männer mit Einkaufswägen und die Frauen im Bus mit ihren Ängstlichkeiten und gut gemeinten Ratschlägen - alle kriegen ihr Fett ab.

Nein, kein Fett, eigentlich kriegen sie bloß einen warmherzigen Blick. Herrlich zu sehen, wie ein mildes Lächeln ins Schwarze treffen kann.
Chris Lohner mit von der Partie
Aus dem Großaufgebot an Schauspielern sind Christoph Wieschke als Damiel, Shantia Ullmann als Zirkusmädchen, Chris Lohner als Chris Lohner, Werner Friedl, Anja Clementi, Ulrike Walther, Maria Gruber, Lisa Müller-Trede, Tim Oberließen, Peter Marton, Aris Sas und Kurt Schrepfer in verschiedenen Rollen zu erwähnen.

Alle erfüllten ihre Aufgaben, niemand fiel heraus aus dem Ensemble. Auch die Gruppe von Kindern nicht. Die ist gut geführt und weiß, was zu tun ist auf der großen Theaterbühne.

Und die beiden Zirkushunde Nicki und Merlin? Zumindest einer der beiden ließ sich von der Premierenspannung nicht irritieren und zeigte seine Tricks.
Hoher Aufwand bei Schauspielern und Bühne
Die Salzburger Theater-Version von "Der Himmel über Berlin" ist ein Kaleidoskop des Alltäglichen und ein berührend-spirituelles Plädoyer für den Mut zum Leben.

Ob das eine oder andere Geschichtchen in diesem fast zweieinhalbstündigen Feuerwerk von mehr als 200 Kostümen, Umbauten in Rekordzeit und rasanten, einander überlappenden Szenenfolgen auch hätte weggekürzt werden können oder müssen, das kann diskutiert werden, daran mögen sich die Geister scheiden.

Aber wer nicht gänzlich versteinert im Theater gesessen ist und auf holde Kunst und hohe Literatur gepocht hat, dem haben die Himmel über Berlin und Salzburg einen berührend-sympathischen Theaterabend beschert.
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